Tipps aus der Elektronikfertigung: Design for Manufacturing
Mit unseren 10 Praxistipps bringen Sie Ihr Projekt schon in der Entwicklung auf einen guten Weg für die spätere Serienproduktion. So sparen Sie Kosten und Aufwand und sorgen gleichzeitig für einen reibungslosen Produktionsstart.
In der Elektronikfertigung führen wir bei neuen Anfragen grundsätzlich eine technische Machbarkeitsprüfung durch. Dabei gibt es heute kaum noch Projekte, die nicht umgesetzt werden können. Vielmehr ist es in den meisten Fällen eine Frage des Aufwands und somit auch der Kosten. Gerade im Bereich der Serienproduktion spielt der Kostenfaktor eine große Rolle. Unter dem Stichwort Design for Manufacturing sollten deswegen bereits in der Entwicklungsphase eines elektronischen Produkts einige Faktoren berücksichtigt werden, um anschließend eine kostenoptimierte Serienproduktion zu gewährleisten.
Design for Manufacturing beginnt schon bei der Auswahl von Bauteilen
Bereits im Entwicklungsstatus ist es elementar wichtig, die elektronischen Bauteile für das Projekt auszuwählen. Neben dem Kostenfaktor ist die Art der Bauteile entscheidend für die Verfügbarkeit und Lieferzeit des Endgerätes und auch für den Produktlebenszyklus.
Tipp 1: Passive Bauteile ohne Herstellerbindung
Passive / diskrete Bauteile – Widerstände, Kondensatoren, Dioden, Transistoren – sollten nach Möglichkeit ohne Herstellerbindung berücksichtigt werden. Stattdessen sollten für die Position in der Stückliste Angaben zu den elektrischen und relevanten Kennwerten gemacht werden. So kann der Elektronikfertiger auf seinen Lagerbestand zugreifen oder mit Blick auf Preis und Verfügbarkeit den aktuell besten Artikel beschaffen. Auch im Fall von Abkündigungen ist man auf diese Weise flexibler beim Einsatz von Alternativen.
Tipp 2: Gleiche Bauteile zusammenfassen
Je mehr unterschiedliche Bauteile in einem Projekt verbaut werden, desto mehr Aufwand bedeutet das für den Elektronikfertiger. Wenn in einer Stückliste z.B. ein Kondensator mit den gleichen elektrischen Kennwerten aber in drei verschiedenen Bauformen (z.B. 0402, 0603 und 0805) enthalten ist, haben wir als EMS-Dienstleister mit Artikelanlage, Bestellung, Wareneingangsprüfung, Auslagerung, Rüstung, Rücklagerung etc. den dreifachen Aufwand.
Tipp 3: Alternativen für aktive Bauteile frühzeitig prüfen
Durch die Berücksichtigung von Alternativen kann bei verschiedenen Bestückungsvarianten später ein kurzfristiger Wechsel erfolgen, ohne eine Layoutanpassung vornehmen zu müssen. Neben den Alternativen sollte auch der freigegebene Temperaturbereich berücksichtigt werden. Sind für die Anwendung mehrere verfügbare Temperaturbereiche eines Bauteils ausreichend, sollte diese Information auch mit in die Stückliste aufgenommen werden. Je nach Marktlage, kann die Verfügbarkeit eines Bauteiltyps in den unterschiedlichen Temperaturbereichen stark abweichen.
Tipp 4: Den Lebenszyklus von Bauteilen immer im Blick behalten
Aktuell ist es recht aufwändig, den Lebenszyklus von Bauteilen zu betrachten. Hierbei ist nicht die Nutzungsdauer bis zu einem möglichen Bauteildefekt gemeint, sondern die Zeit zwischen Markteinführung und Abkündigung des Bauteils. Diese Information gibt der Hersteller bei Markteinführung nicht bekannt. Anhand von bisherigen Abkündigungszeiträumen lassen sich aber für die unterschiedlichen Hersteller Erfahrungswerte zu den Lebenszyklen ableiten. Für Entwickler oder auch Einkäufer ist es jedoch sehr zeitintensiv diese Informationen für eine gesamte Baugruppe im Blick zu behalten.
Praxisbeispiel zur Spannungsfestigkeit
Achten Sie nicht nur auf die Bauform, sondern versuchen Sie auch unterschiedliche Spannungsfestigkeiten zu einem Typ zusammenzufassen. Beispiel: Statt je einen gleichwertigen Kondensator mit 16V und 25V Spannungsfestigkeit, sollten lieber zweimal der gleiche Kondensator mit 25V eingesetzt werden. Auf Grundlage der aktuellen Marktsituation empfehlen wir sowohl hinsichtlich der Kosten als auch der Verfügbarkeit den Einsatz der Bauformen 0402 oder 0603. Die kleinste Bauform, die wir aktuell bestücken ist 0201, unsere Maschinen sind jedoch in der Lage auch die aktuell kleinste Bauform 01005 zu bestücken.
Die richtige Platzierung von elektronischen Bauteilen
Nicht nur die Auswahl, sondern auch die Platzierung von Bauteilen auf der Leiterplatte hat einen großen Einfluss auf die Produktion. Im Bereich von SMD-Bauteilen kann es beispielsweise zu sogenannten Schattenbildungen kommen, wenn sehr kleine Bauteile neben hohen Bauteilen platziert werden. Gerade bei der Überprüfung der SMD-Lötstellen mithilfe eines 3D-AOI (automatisch optische Inspektion) können die Schattenbildungen dazu führen, dass nicht alle Bereiche ausreichend belichtet und beurteilt werden können. So entstehen viele Pseudofehler, oder es werden im schlimmsten Fall sogar Echtfehler übersehen. Außerdem kann es bei doppelseitig SMD-bestückten Baugruppen Schwierigkeiten bei einer möglichen Wellenlötung geben.
Tipp 5: Bauteile mit unterschiedlichen Pastenbedarfsmengen richtig platzieren
Bauteile benötigen oft unterschiedliche Mengen an Lötpaste, worauf man bei der Platzierung Rücksicht nehmen muss. So sollten z.B. Leistungsteile nicht direkt neben Fine-Pitch-Bauteilen platziert werden. Mithilfe von Stufenschablonen lassen sich die verschiedenen Pastenmengen realisieren. Um die Stufen in die Schablonen einzuarbeiten, ist ein gewisser Abstand zwischen den Bauteilen notwendig. Eine andere Möglichkeit ist der Einsatz eines Jetprinters.
Der Jetprinter hat einen feinen Dosierkopf, mit dem er gezielt auf einzelnen Pads zusätzliche Paste aufbringen kann. Neben der Möglichkeit unterschiedliche Pastenmengen aufzubringen, kann der Jetprinter auch für die Produktion von Prototypen ohne die Anschaffung einer Schablone genutzt werden. Anhang der Leiterplattendaten wird ein Druckprogramm erstellt. In der gleichen Vorgehensweise kann der Jetprinter auch gezielt Klebepunkte setzen.
Tipp 6: Gleichmäßige Aufteilung der Bauteilanzahl
Bestückungsmaschinen sind darauf ausgelegt mehrere tausend Bauteile pro Stunde zu bestücken. Wenn auf einer Baugruppe im Extremfall nur ein einziges SMD-Bauteil auf der Unterseite bestückt werden soll, muss die Maschine auf einen deutlich längeren Reflow-Prozess warten und steht in dieser Zeit still. Deswegen sollte man aus Kostengründen darauf, dass bei doppelseitig bestückten Baugruppen die Aufteilung der Bauteilanzahl möglichst gleichmäßig auf beiden Seiten ist. Dabei sollten schwere Bauteile jedoch auf einer Seite platziert werden. So können sie bei der zweiten Erhitzung im Reflow-Ofen nicht abfallen.
Tipp 7: Mindestabstand der Bauteile zum Leiterplattenrand wahren
Ein für uns altbekanntes Problem ist die Platzierung von Bauteilen zu nah am Rand. Bei einer automatisierten Fertigung laufen die Baugruppen auf Transportbändern zwischen und durch die Maschinen. Für die Klemmung auf diesen Transportbändern ist ein Mindestabstand zum Leiterplattenrand bei SMD-Bauteilen von ≥ 3mm und THT-Bauteilen ≥ 5mm notwendig.
Die Auswahl einer passenden Leiterplatte
Neben den Bauteilen sollte auch der Auswahl einer passenden Leiterplatte in der Entwicklungsphase Aufmerksamkeit geschenkt werden. Zur bestmöglichen Maschinenauslastung fertigen wir die meisten Baugruppen im Nutzen. Dabei wird die Größe des Nutzens in Zusammenarbeit mit dem Leiterplattenlieferanten festgelegt.
Tipp 8: Mindestabstände der Leiterbahnen und Kupferflächen beachten
Für die Bearbeitung der Leiterplattenkanten gibt es zwei verschiedene Techniken. Nicht nur die Bauteile müssen bestimmte Abstände zur Außenkante aufweisen, sondern auch die Leiterbahnen und Kupferflächen benötigen einen Mindestabstand. Hierbei gilt, dass alle Leiterbahnen und Kupferflächen zu einer Ritzkante einen Abstand von ≥ 0,5mm und zu einer Fräskante einen Abstand von ≥ 0,2mm haben sollten.
Tipp 9: Auf die Auswahl der Leiterplattenoberfläche achten
Auch die Auswahl der Leiterplattenoberfläche sollte im Entwicklungsstatus des Projektes beachtet werden. Diese trägt maßgeblich zur Qualität der Baugruppe bei und auch zur Haltbarkeit und Lagerfähigkeit der Rohleiterplatte. Für Baugruppen mit Fine-Pitch-Bauteilen und Bauteilen mit Anschlüssen unterhalb des Bauteils empfehlen wir den Einsatz einer Goldoberfläche.
Tipp 10: Testpunkte für spätere Prüfung direkt festlegen
Die richtige Auswahl von Leiterplatten ist besonders wichtig, wenn die Baugruppen nach der Produktion elektrisch getestet werden sollen. Denn notwendige Testpunkte müssen bereits im Leiterplattendesign vom Entwickler berücksichtigt und in die Leiterplattendaten aufgenommen werden. Anhand dieser Testpunkte kann der Elektronikfertiger im Prüfmittelbau einen Nadelbettadapter bauen, mit dem diese kontaktiert werden.
Sie befinden sich gerade mit einem Projekt in der Entwicklungsphase? Dann sprechen Sie uns gerne an, wir gehen mit Ihnen zusammen die Anforderungen in der Elektronikfertigung durch. So stellen Sie sicher, dass auch über die Entwicklung hinaus Ihr Projekt für die Serienproduktion optimiert ist.